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Lippischer Pickert - meine Heimat & mein Familienrezept

LIPPISCHER PICKERT

 

Heute machen wir einen Ausflug in meine Heimat, lieb gewonnene Essens-Traditionen und ich verrate Euch das dann nicht mehr geheime Pickert-Rezept meiner Ömi. Im August 2000 habe ich dieses überbracht bekommen, Pickert wird bei uns natürlich schon sehr viel länger gebacken.

 

Ich erinnere mich daher auch gut, egal in welchem Alter, an meinem Platz im Esszimmer von Ömi und Opa zu sitzen und Pickert zu essen. In jungen Jahren immer mit einem Gals eiskalter Milch dazu, später auch mal mit einem Kaffee. Aber eigentlich dann auch wieder mit Milch. Weil es einfach am besten schmeckt.

 

Lippische Pickert sind ja nun nicht jedermanns Sache. Und ja, wir essen diese Hefe-Kartoffel-Küchlein mit Rosinen wirklich obendrauf mit kalter Butter und lippischer Leberwurst. Und das schmeckt richtig gut. Lippe ist übrigens ein Kreis im Regierungsbezirk Detmold, falls Du Dich gerade nach der Lage fragst und woher der Name kommt.

 

Wir Lipper sind sehr speziell. Wir sind ursprünglich ausgewiesene Schotten, weil wir zu geizig waren. Und wir haben den Kupferdraht erfunden, weil wir den Pfennig zu oft umgedreht haben. Sagt man. Weil wir so sparsam sind, kochen wir auch alleweile Gerichte aus günstigen und gut verfügbaren Lebensmitteln, zum Beispiel Pickert aus der Kartoffel.

 

Und wir haben seit 1990 auch endlich wieder ein eigenes Autokennzeichen - LIP, das wird gerne verwechselt, gehört aber zu uns und unserer wunderbaren Gegend und die lippische Rose, unser Wappen, hängt natürlich in meiner neuen Wahlheimat an der Wand. Für die Bilder habe ich sie mal abgehängt und dezent in den Hintergrund gestellt. 

 

LIPPISCHER PICKERT

 

Ich bin mir gar nicht sicher, aber ich glaube, diese Pickert sind die allerersten, die ich hier Zuhause zusammen mit Professor Hu selbst gemacht habe. Denn eigentlich habe ich Pickert bisher immer nur bei Ömi gegessen. Entweder so, oder weil wir mal einen Geburtstags-Event daraus gemacht haben (alle kommen zusammen, alle essen Pickert, alle bekommen zum 100. Mal alle Kniffe und Besonderheiten des Rezeptes & der Zubereitung erklärt und am Ende macht doch Ömi wieder die ganze Arbeit).

 

Nun stand ich da also und fragte mich, wie das noch war. Aber als wäre es ein Zeichen gewesen, klingelte der beste Bruder an der Tür und fragte, ob sie im Schneetreiben bitte bei uns übernachten könnten. Aber sicher - hatte ich so doch auf diesem Wege flux eine Pickert-Koriphäe sicher anbei. Wir legten also gemeinsam los. Weil es dann aber immer später wurde, haben wir dabei auch gleich noch den Pickert mit einer Übernachtgare im Kühlschrank erfunden. Das geht also auch! Und sind dann zum Italiener essen gegangen. Vor lauter Erschöpfung.

 

Denn dieses Kartoffelreiben hat es wirklich in sich. Die Kartoffeln müssen unbedingt auf dieser kleinwürfeligen Metallreibe gerieben werden, es dürfen keine Kartoffelstifte sein sondern eher ein Mus, denn der dabei austretende Saft bringt die nötige Stärke mit, die das ganze erst so richtig richtig werden lässt.

  

Und am nächsten Abend hat Professor Hu dann die Küche verwüstet, in dem er einen Pickert nach dem anderen ausgebacken hat. Tja, einer musste es ja tun. Danach haben wir die Pickert gegessen und einen Teil eingefroren. Das geht auch super. Und alle aus der Familie haben dann beim nächsten Heimatbesuch eine Portion zum Testen bekommen. Lecker!

 

LIPPISCHER PICKERT

 

Rezept für Pickert, von denen alle satt werden

 

1 Päckchen frische (!) Hefe

2 TL Zucker

1/2 Tasse lauwarme Milch

12-15 dicke Kartoffeln, fein gerieben (ca. 2 Kilo)

8-10 gestrichene EL Zucker (oder weniger, nach Geschmack)

4-6 Eier

1/2 Pfund gewaschene & getrocknete Rosinen

ca. 2 Pfund Mehl

ca. 2 TL Salz

ggf. etwas Milch

 

Neutrales Öl und Pfannen, so viele auf den Herd passen.

 

Dazu: kalte Butter, kalte Milch, Milchkaffe, Rübenkraut, lippische Leberwurst.

 

LIPPISCHER PICKERT

 

Zuerst stellst Du den Vorteig her. Du gibst alles Mehl in eine wirklich große Schüssel, dort hinein formst Du eine Mulde. Nun löst Du den Würfel Hefe in der warmen Milch auf und gibst die 2 TL Zucker mit hinzu. Gut verrühren und in die Mulde gießen. Dann mit ein wenig Mehl vermengen und bedecken. Ca. 30 Minuten einwirken lassen.

 

In dieser Zeit widmest Du Dich den Kartoffeln, schälst und wäscht sie und reibst sie. Das ist gut für die Armmuskulatur. Eine Küchenmaschine kann mit der feinsten Reibe vielleicht benutzt werden. Wie gesagt, Pickert sind KEINE Kartoffelpuffer und haben daher auch keine merkbaren Kartoffelstrukturen im Teig. Das geriebene Mus der frischen Kartoffeln kommt nun in den Teig aus Mehl und Vorteig und alles wird zusammen mit dem Zucker gut verrührt. Gibt auch das Kartoffelwasser mit der Stärke auf jeden Fall hinzu. Und die Rosinen und das Salz & ggf. noch etwas Milch, der Teig sollte schwer reißend von einem Löffel fallen.

 

Dann lässt Du das Ganze an einem warmen Ort ca. 1 Stunde gehen, bis sich der Teig verdoppelt hat. Die neueste Erfindung des Bruders (Übernachtgare von Pickertteig im Kühlschrank) hat auch ganz hervorragend funktioniert.

 

Danach geht es ans Braten. Du rührst den Teig noch mal kurz durch. Dann erhitzt Du bei kleiner bis mittlerer Temperatur neutrales Öl in so vielen Pfannen wie möglich und brätst, was das Zeug hält. Das Ausbraten des Teiges sollte wirklich langsam vonstatten gehen, bis der Pickert gut durch ist. Probier Dich mal ran, Professor Hu hat das hervorragend geschafft. Bei uns im Lippischen gibt es Pickert in allen Größen. Manche fast 20 cm im Durchmesser, wir mögen sie am liebsten etwas kleiner, so handgroß. Entscheide also selbst, ob Du in einer normalgroßen Pfanne 3 kleine Pickert gleichzeitig herstellst oder einen größeren.

 

Danach genießt Du den Pickert warm mit einem Stück Butter. Die süße Fraktion nimmt sich dazu noch etwas Rübensirup, Professor Hu auf jeden Fall die lippische Leberwurst. Auch, wenn er ja ein Zugereister ist, mag er lippische Pickert sehr gerne. Probier sie also auch mal.

 

Lass es Dir schmecken. Sei glücklich!

 

LIPPISCHER PICKERT